Quo vadis Hamburg? Hafen und Logistik im Spannungsfeld zwischen Globalisierung und Industrie 4.0

Megatrend „Globalisierung“ verliert an Boden

Die zunehmende Verflechtung der Weltwirtschaft schien bis vor kurzem ein kaum umkehrbarer Trend zu sein, der zu stetem Produktivitätswachstum und höherem Wohlstand beitrug. Die Entwicklung des Welthandels stellt dies erstmals in Frage. Mehr als zwei Jahrzehnte lang war der wachsende Handel und die enge globale Vernetzung der Volkswirtschaften ein wesentlicher Treiber für das Wirtschaftswachstum. Von wenigen Krisenjahren abgesehen, wuchs das weltweite Handelsvolumen stets stärker als die Wirtschaftsleistung. Genau dies ist zuletzt nicht mehr zu beobachten. Seit 2012 wachsen Welthandel und Weltwirtschaft nur noch mit moderaten jährlichen Raten.

Im Jahr 2014 legte der Welthandel lediglich um 0,3 % zu, während die Weltwirtschaft einen Zuwachs um 2,4 % verzeichnen konnte. Auch die vorläufigen Zahlen für das Jahr 2015 verdeutlichen, dass das Welthandelsvolumen im Vergleich zum Vorjahr nur noch marginal angestiegen ist, während vor und auch kurz nach der Finanzkrise noch Wachstumsraten von deutlich mehr als 10 % normal waren. Bei dieser Entwicklung handelt es sich offenbar um keine vorübergehende Schwäche, vielmehr scheinen strukturelle Gründe für diese Entwicklung verantwortlich. Viele Experten sehen die Weltwirtschaft in einem geopolitischen und technologischen Umbruch.

Die anhaltende Schwäche von Weltwirtschaft und Welthandel spiegelt sich auch in einer sich abschwächenden Wachstumsdynamik von Weltseehandel und Weltcontainerumschlag wider. Besonders deutlich wird dies an der Umschlagentwicklung des Hamburger Hafens, wo neben starken Rückgängen im Geschäft mit China und Russland auch der zunehmende Konkurrenzdruck innerhalb der Nordrange, die zunehmende Zahl der Direktanläufe in die Ostsee, die ausstehende Fahrrinenanpassung der Unter- und Außenelbe sowie strukturelle Probleme im Hafen zu einem deutlichen Rückgang des Containerumschlags geführt haben. Mit 8,8 Millionen TEU ist der Containerumschlag 2015 auf das Niveau des Jahres 2006 zurückgefallen. Im Gegenzug konnten die Wettbewerbshäfen Rotterdam und Antwerpen ihre Position immerhin festigen oder sogar ausbauen.

Während der Megatrend „Globalisierung“ offenbar an Bedeutung verliert, spielt die wachsende Durchdringung der industriellen Fertigung durch IT und Internet und die damit einhergehende enge Integration der physischen und der digitalen Welt eine immer wichtigere Rolle. Unter dem mittlerweile fast schon zum Modebegriff avancierten Titel „Industrie 4.0“ zu subsumierende Technologien wie „Smart Connected Products” oder „Additive Manufacturing” dürften dabei schon in den nächsten Jahren gravierende Auswirkungen auf Branchengrenzen, Wettbewerbsformen und Geschäftsmodelle nach sich ziehen.

„Smart Connected Products” und „Additive Manufacturing” auf dem Vormarsch

Smart Connected Products stellen im Vergleich zu herkömmlichen Produkten komplexe Systeme dar, die Hardware, Sensoren, Datenspeicher, Mikroprozessoren, Software und Netzwerkapplikationen auf die unterschiedlichste Art miteinander verknüpfen. Derzeit stehen anwendungsseitig noch Produkte für Konsumenten (B2C) im Vordergrund – das weitaus größere Potenzial besteht jedoch im Bereich von Business-to-Business-Anwendungen. Vor allem produzierenden Unternehmen stehen durch die gezielte Digitalisierung und Vernetzung entlang der Wertschöpfungsketten neue Türen im Wettbewerb offen. Grundvoraussetzung hierfür bildet die weiterführende Nutzung der vorhandenen Daten, derzeit wird nur ein Bruchteil der Daten, die in der Produktion anfallen, überhaupt genutzt. Zudem werden diese meist zur Echtzeitüberwachung und Störungsanalyse eingesetzt. Einen wesentlich größeren Mehrwert versprechen dagegen Anwendungsfälle im Bereich Prozessoptimierung sowie die gezielte Vorausplanung bestehender Arbeitsabläufe. Weitere große Potenziale bestehen u. a. in den Bereichen Energie, Arbeitseffizienz und (Maschinen)Wartung. Durch den Einsatz von Smart Connected Products kann das Internet seinen Anwendungsbereich im Warenlager, beim Warentransport und in der gesamten Supply Chain weiter ausdehnen. Somit wird das Internet der Dinge für Unternehmen mit intensiven Supply-Chain- oder Logistikprozessen weitreichende Folgen haben, angefangen von einer ganzen Reihe neuer Lieferoptionen auf der sogenannten „letzten Meile“ bis hin zu effizienteren Lager- und Transportprozessen.

Während sich der Einsatz von Smart Connected Products in Form einer zunehmenden Dynamisierung der Prozesse auf den Logistiksektor auswirkt, dürften sich durch die fortschreitende Marktdurchdringung des Additive Manufacturing noch deutlich weitreichendere Folgen auf den Logistiksektor einstellen.

Additive Manufacturing bezeichnet dabei einen Prozess, bei dem auf Basis von digitalen Konstruktionsdaten durch das Ablagern von Material schichtweise ein Produkt oder Bauteil aufgebaut wird. Damit unterscheidet sich dieses auch als 3D-Druck bekannte Produktionsverfahren deutlich von konventionellen, abtragenden Fertigungsmethoden. Neben Plastikgrundstoffen und speziellen Kunstharzen kommen mittlerweile auch Keramik, Zement, Glas, unterschiedliche Metalle und Metalllegierungen sowie Verbundwerkstoffe zum Einsatz. Additive Manufacturing ist dabei längst über den Bau von Prototypen, die schnelle Fertigung von Spezialwerkzeugen und die Herstellung von „Spielzeug“ hinausgewachsen. Mit diesem Verfahren lassen sich langlebige, sichere und vermarktungsfähige Produkte in kleiner wie großer Serie herstellen. Zwar sind die Einzelkosten der Produkte die mit Hilfe von 3D-Druckverfahren hergestellt werden häufig höher, dennoch könnte diese neue Technologie die heutigen Standardverfahren der Massenfertigung perspektivisch ablösen. Charakteristisch für die Massenfertigung ist, dass die allererste Einheit u. a. aufgrund hoher Anlagekosten und langer Umrüstzeiten i. d. R. extrem teuer ist, jedoch mit jeder weiteren Einheit die Grenzkosten sinken. Derartige Skaleneffekte lassen sich mit additiven Fertigungsverfahren nicht erzielen, dafür verfügen diese im Vergleich zur Massenproduktion über eine vielfach höhere Flexibilität. Aus diesem Grund erweist sich der 3D-Druck als sehr wertvoll für die Fertigung von Einzelprodukten, beispielsweise für den Bau von Prototypen oder selten benötigten Ersatzteilen. Doch auch für größere Produktionsmengen wird die additive Fertigung zunehmend sinnvoll. 3D-Fertigungsverfahren haben den Vorteil, dass sich Erzeugnisse damit in einem Stück fertigen lassen, die bislang aus separaten Bauteilen geformt und dann zusammengesetzt wurden. Außerdem lassen sich mit Hilfe dieser Technologie nicht nur hohle und damit leichtere und verbrauchsärmere Teile herstellen. Dank neuer Innenstrukturen erhöhen sich auch Zugfestigkeit, Haltbarkeit und Stoßfestigkeit der Konstruktionen. Darüber hinaus werden additive Verfahren dazu führen, dass sich Produkte stärker an die Wünsche der Kunden anpassen lassen und generell schneller wandeln.

Die bisherigen Überlegungen liefern Grund zu der Annahme, dass sich durch den Einsatz additiver Fertigungsverfahren weitreichende Rückwirkungen auf den Logistiksektor ergeben. Ursächlich hierfür dürfte insbesondere die deutlich höhere Materialeffizienz sein, da quasi nur das tatsächlich benötigte Rohmaterial transportiert und gelagert werden muss. Dies kann anhand des folgenden Beispiels aus dem Flugzeugbau veranschaulicht werden: Für die Herstellung von 30 Tonnen Aluminiumteilen werden beim konventionellen Fräsen 300 Tonnen Aluminium benötigt. 270 Tonnen verunreinigte Metallspäne fallen an. Für die Herstellung im 3D-Druck werden für die gleiche Menge lediglich 32 Tonnen Metallpulver benötigt. Das bedeutet ein erheblich geringeres Transportvolumen sowohl in der Beschaffungs- als auch in der Entsorgungslogistik. Eine weitere Verringerung des Transportbedarfs ergibt sich durch die potenzielle Verkürzung globaler Herstellungsketten bzw. die Dezentralisierung der Produktion. Diese kann z. B. durch den Aufbau eines Netzwerks von Druckern bei Vertriebspartnern, an Logistikknoten, bei Einzelhändlern, auf Fahrzeugen oder am Standort des Kunden erfolgen. Im Zuge einer Studie des IÖW konnte am Fallbeispiel einer Handyschale nachgewiesen werden, dass Effizienzgewinne insbesondere bei dezentralem Druck in regionalen Zentren entstehen. Dagegen sind beim 3D-Druck „Zuhause“ heute noch zusätzliche Wertschöpfungsstufen in der Supply Chain für die Filamentherstellung und -vertrieb notwendig, die einen Einfluss auf die Länge und Komplexität der Transportkette haben.[1] Zudem wird die Wahrscheinlichkeit für das Aufschaukeln von Beständen durch falsche Vorhersagen über die Kundennachfrage (Bullwhip-Effekt) in der Supply Chain erhöht. Demgegenüber verschiebt sich bei der Produktion in regionalen Druckzentren das Ziel der Steuerung in der Transportkette in Richtung Ausnutzung von Mengendegressionseffekten bei der Auswahl der Transportmittel sowie einer möglichst hohen Konsolidierung der transportierten Mengen. Zudem werden im Fall von 3D-Druck überwiegend Rohstoffe transportiert, wodurch die Anzahl an Wertschöpfungsstufen tendenziell abnimmt. Dies erhöht den Massenstrom und begünstigt Transporte mit massenleistungsfähigen Transportmitteln wenn die entsprechende Infrastruktur gegeben ist. Einen wesentlichen Vorteil der 3D-Drucktechnologie stellt die Minimierung von Rücktransporten dar. Im Fall einer Produktion in regionalen Druckzentren werden die Handyschalen erst nach dem Eingang der Kundenbestellung gedruckt. Damit wird eine Über- bzw. Unterproduktion aufgrund falscher Vorhersagen über die mögliche Endkundennachfrage minimiert. Aufgrund der nachfragegesteuerten Produktion erfolgt ein weitgehender Verzicht auf Lagerhaltung.

Mögliche Rückwirkungen auf den Logistikstandort Hamburg und den Hafen

Wie bereits angedeutet wird sich der industrielle 3D-Druck vsl. schon bald zu einem „Mainstreamphänomen“ entwickeln. Dabei gilt als sehr wahrscheinlich, dass bereits innerhalb der nächsten fünf Jahre vollautomatisierte Hochleistungssysteme für den 3D-Druck entstehen werden, die selbst große Mengen von Standardbauteilen wirtschaftlich herstellen. General Electric geht beispielsweise davon aus, dass in 20 Jahren annähernd 50 % seiner Teile mit additiven Fertigungsverfahren hergestellt werden. Weil diese Produktion extrem flexibel ist, wird es zu einer breiten Individualisierung und Fragmentierung vieler Produktkategorien kommen. Dies wiederum lässt den Marktanteil der herkömmlichen Massenprodukte weiter sinken.

Die Reaktionen auf diesen Trend fallen mit Blick auf den Standort Hamburg z. T. sehr ambivalent aus. Die Politik hat dieses Themenfeld zumindest zwischenzeitlich besetzt und im rot-grünen Koalitionsvertrag die Forderung nach einer politikfeldübergreifenden 3D-Druck-Strategie aufgestellt. Hier heißt es u. a. „Dienstleistungen rund um den 3-D-Druck verändern den Bedarf an Arbeitsplätzen und Qualifikationen und haben Einfluss auf die städtische Infrastruktur und die Umwelt. Nur Standorte, die Rahmenbedingungen aktiv gestalten, können die Chancen und Potenziale aus diesem Strukturwandel realisieren. Hamburg besitzt mit Kompetenzzentren wie dem Laserzentrum Nord, dem Hamburger Logistik-Institut und dem Forschungscluster Digitale Dienste der Universität Hamburg bereits eine starke institutionelle Basis für eine politikfeldübergreifende 3-D-Druck-Strategie des Senats.“ Tatsächlich gehören die „Light Experts“ mit dem iLAS an der TUHH (Forschung und Erstausbildung), der LZN GmbH (industrielle Entwicklung und Weiterbildung), der Bionic Production GmbH als jüngstes Start-Up sowie der Unternehmensberatung Light Consulting zu den weltweit führenden Kompetenzzentren im industriellen 3D-Druck. Auch der in Hamburg ansässige Flugzeughersteller Airbus zählt zu den Pionieren im industriellen 3D-Druck. Seit rund 12 Monaten befindet sich ein Airbus A350 im Einsatz, dessen Kabinenhalter aus Titan mittels 3D-Druck hergestellt wurde. Eine Serienfertigung 3D-gedruckter Titan-Bauteile ist Anfang 2016 angelaufen und Mitte des Jahres sollen Edelstahl-Bauteile im 3D-Druckverfahren gefertigt werden.

Demgegenüber sind im Hafen- und Logistikumfeld bislang noch keine weitreichenden Aktivitäten erkennbar. Ganz allgemein gesprochen bedeutet der Einsatz additiver Fertigungsverfahren für Logistikdienstleister auf der einen Seite zwar den Wegfall von Transportumsätzen. Andererseits gibt es aber auch neue Geschäftsbereiche, in denen sich Logistikdienstleister etablieren können, wie zum Beispiel bei der Unterstützung von Kunden bei der Integration des 3D-Drucks in bestehende Wertschöpfungsnetzwerke oder die Spezialisierung auf das Thema „Digital Warehousing“. Logistikdienstleister übernehmen vielfach schon heute die Ersatzteillogistik als Dienstleistung. Global Player im Logistikumfeld wie UPS und DHL beschäftigen sich daher schon seit einiger Zeit mit der Frage, inwieweit sich ihre Dienstleistungen auf das Geschäftsfeld 3D-Druck ausweiten lassen. Entsprechende Pilotprojekte finden in Hamburg soweit bekannt allerdings noch nicht statt. Es wird sich zeigen, ob die Hersteller sich für die Speicherung und Lagerung ihrer Baupläne zukünftig weiter an ihre Logistikdienstleister wenden oder ob sich hier ein Geschäftsfeld für IT-Spezialisten auftut. Logistikdienstleister werden nur dann die Lagerung der Datenmodelle und das Ausdrucken übernehmen können, wenn die Hersteller ihnen vertrauen und bereit sind, ihnen die 3D-Datenmodelle zu übergeben.

Mit Blick auf den Hafen ist prinzipiell davon auszugehen, dass der vsl. rückläufige Marktanteil herkömmlicher Massenprodukte dazu führt, dass das Umschlagvolumen vor allem im Containersegment in Zukunft keine signifikante Wachstumsperspektiven erwarten lässt. Zwar kommt eine an der TU Delft im Jahr 2015 durchgeführte Studie zum Thema „Einfluss des 3D-Drucks auf den Weltcontainertransport“ zu dem Ergebnis, dass eine nachhaltige Transportmengenreduzierung im globalen Containertransport durch die fortschreitende Verbreitung des 3D-Drucks derzeit noch nicht absehbar ist. Ein Zukunftskonzept für den Hamburger Hafen, das nicht nur die Containerverkehre sondern auch andere zukunftsträchtige Nutzungsarten des Hafens berücksichtigt, wäre aus Gründen einer langfristigen Standortsicherung dennoch wünschenswert. Der Hafen Rotterdam hat sich diesbzgl. bereits positioniert. Im Rahmen seiner Innovationsoffensive verfolgt der Hafenbetrieb die Vision, Rotterdam zu einem Knotenpunkt für den industriellen 3D-Druck auszubauen und sich durch die frühzeitige Fokussierung auf Additive Manufacturing Wettbewerbsvorteile im Wettbewerb der Seehäfen zu sichern. Im Jahr 2015 ist in Rotterdam bereits ein Pilotversuch für die Produktion von Ersatzteilen für die maritime Industrie gestartet. Zu den Initiatoren des Projekts zählen neben dem Hafenbetrieb Rotterdam das InnovationQuarter und RDM Makerspace. Mittlerweile gehören dem Konsortium 28 Unternehmen und Behörden an, hierzu zählen neben Hafenfirmen auch Unternehmen aus anderen Industriesektoren einschließlich Fokker (Luft- und Raumfahrt) und Siemens (Softwareentwicklung). Die Ergebnisse des Pilotprojekts und seiner Follow-ups wurden in der 3D-Druck-Konferenz am 11. Februar 2016 in Rotterdam vorgestellt. Die von der Hamburg Port Authority (HPA) forcierte smartPORT Initiative verfolgt zwar laut eigenen Angaben das Ziel, die Effizienz des Hafens als wichtigen Teil der Lieferkette zu erhöhen. Das Thema Additive Manufacturing findet sich in diesem Kontext bislang allerdings noch nicht wieder.

Für den Hamburger Hafen bestehen im Zusammenhang mit dem Thema 3D-Druck vom Grundsatz her drei mögliche Handlungsfelder:

  • Hamburger Hafen als Zentrum für Grundstofflogistik: Für den Einsatz in additiven Fertigungsverfahren wird ein pulverisierter Grundstoff benötigt, der durch Druck oder Hitze schichtweise aufgetragen wird. Die Entwicklung derartiger Materialien gilt als weiterer Katalysator für den 3D-Druck-Boom. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Kunststoffe und Metallpulver entwickelt, die für 3D-Druck geeignet sind. Durch die zunehmende Etablierung von 3D-Drucksystemen könnte sich langfristig die Angebotssituation auf den Rohstoffmärkten ändern. So hat sich die Nachfrage nach speziellen Metallpulvern für den 3D-Druck auf der einen Seite von 2009 bis 2014 vervierfacht – andererseits stellt auf Absatzseite der Markt von geeignetem Metallpulver für 3D-Drucksysteme für die etablierten Pulverhersteller bislang nur eine Nische dar. Aufgrund des prinzipiell im Hafen vorhandenen Know-hows bzgl. Umschlag, Lagerung aber auch Qualitätsprüfung unterschiedlichster Rohstoffe besteht die Perspektive, im Hafen ein Kompetenzzentrum für die Beschaffung und Verarbeitung sowie die Weiterentwicklung von Grundstoffen zu etablieren.
  • Hamburger Hafen als 3D-Druckstandort für die maritime Industrie: Ähnlich wie in Rotterdam könnte der Aufbau einer Datenbank von Ersatzteilen für die maritime Industrie, die zum 3D-Druck geeignet sind, Ausgangspunkt für weiterführende Aktivitäten in diesem Bereich sein. Mit der Bereitstellung von Produktionskapazitäten bzw. der Ansiedlung oder weiterführenden Einbindung entsprechender Akteure, könnte sich der Hafen als wichtiger Dienstleister in diesem Umfeld positionieren. Mit Blohm & Voss zählt bereits ein wichtiger Akteur aus der maritimen Industrie zu den Partnern des LZN.
  • Hamburger Hafen als Plattform für den 3D-Druck: Plattformen mit deren Hilfe andere Unternehmen fertigen und kommunizieren werden in Zukunft eine zentrale Position im Wertschöpfungsnetzwerk einnehmen. Auch wenn bereits viele Unternehmen und Standorte um diese Position wetteifern, ist sie heute noch weitgehend unbesetzt. Ganz grundsätzlich kommt dem Plattforminhaber sehr viel Macht zu, denn die Produktion selbst wird mit der Zeit an Bedeutung verlieren. Erste Unternehmen errichten bereits Auftragsdruckerparks („Printer Farms“), die Produktion On-Demand letztlich zur Massenware machen werden. Akteure die auf diese Plattformen zugreifen steuern hierüber ihre Produktion dynamisch; sie speichern und verbessern auf den Plattformen Designentwürfe, überwachen die Rohstoffversorgung, bestellen Materialien nach und nehmen Kundenaufträge entgegen. Aufgrund seiner zentralen Lage in Hamburg und seiner guten Verkehrsanbindung könnte im Hamburger Hafen eine derartige Plattform entstehen. Grundvoraussetzung hierfür bildet neben der Verfügbarkeit von entsprechenden Flächen auch der weitere Aufbau von Know-how in Verbindung mit einer weitreichenden Vernetzung.

Die drei vorstehenden Handlungsfelder sind lediglich als Einstieg in die Diskussion zur zukünftigen strategischen Ausrichtung des Hafens zu verstehen. Der eher abstrakt anmutende Begriff „Hafen“ ist dabei eher Synonym für die im Hafen ansässigen oder mit dem Hafen verflochtenen Industrien und Wirtschaftszweige, Behörden, Institutionen und Verbände zu sehen. Mit Blick auf die beschriebenen Herausforderungen gilt es, für die Zukunftsthemen des Hamburger Hafens möglichst kurzfristig relevante Treiber der Entwicklung zu identifizieren, um mit deren Hilfe entsprechende Pilotprojekte zu initiieren. Dabei scheint es ungeachtet der bisherigen Erfolge in Forschung und Entwicklung zwingend geboten, die Bemühungen in puncto wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesen Themen weiter voranzutreiben, um Hamburgs Rolle als Technologiestandort zu stärken. Hierzu bedarf es vor allem auch neuer Formen der Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft u. a. mit dem Ziel einer unternehmerisch motivierten Verbreitung der industriellen Möglichkeiten im 3D-Druck.

 Quellen

  • Ye (2015), “The Impact of 3D Printing on the World Container Transport”, Februar 2015.
  • PWC (2015), „Turning additive manufacturing into business”, Industry white paper, December 2015.
  • DVZ (2015), „Eine komplett neue Geschäftswelt“, 17. Juli 2015, S. 8.
  • Petschow et al. (2014), „Dezentrale Produktion, 3D-Druck und Nachhaltigkeit“.
  • D’Aveni (2015), „3-D-Druck vor dem Durchbruch“, in: Harvard Business Manger, Juli 2015.
  • Wohlers Report (2015), „Annual Worldwide Progress Report“.

[1]     3D-Drucker für den Hausgebrauch müssen im Gegensatz zu industriellen Maschinen mit Filament anstatt mit Pulver bestückt werden.

 

 

 

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